Dienstag, 28. Juni 2016

Viva la Diva

Heute besuchte der Blumenwanderer eine Gegend oberhalb von Schwanden bei Brienz namens Schwanderbärgli. Dieses entpuppte sich als eigentliches Wanderbärgli mit blumenreichen Wiesen und herrlichen Aussichten. Dabei fand er auch eines der ganz wenigen Vorkommen der Feuerlilie im Berner Oberland.
Sie trägt ihren Namen zu Recht, denn fast surreal leuchtete ihr Rot aus einer Bergwiese heraus. "Dort ragt ihr hohes Haupt weit übern niedern Chor der Pöbel-Kräuter hin. Ein ganzes Blumen-Volk dient unter ihrer Fahne" (um mit Albrecht von Haller zu sprechen, der sich mit diesen Worten in seinem Gedicht "die Alpen" allerdings auf den Gelben Enzian bezog).

Was ich  sonst noch alles von diesem Blumen-Volke neben der Diva sah, zeigt dieser Beitrag.


Blick vom Schwanderbärgli Richtung Oltschiburg, Axalphore und Brienzersee




stammt ursprünglich aus Südeuropa und kam im 16. Jahrhundert
als beliebte Zierpflanze nach Mitteleuropa, wo sie verwilderte
und es auch bis ins Schwanderbärgli schaffte.
Das Blütenwunder Breitblättrige Platterbse
(Lathyrus latifolius).....

das Birngrün (Orthilia secunda)
ist ein Heidekrautgewächs


eine Miniatur-Orchidee: das Netzblatt (Goodyera repens),
links mit Knospe.





herrscht bei Haller über den Pöbel:
der Gelbe Enzian (Gentiana lutea) mit Knospen
Weidenblättriges Rindsauge
(Buphthalmum salicifolium)


sie ist von den Pyrenäen über die Alpen
bis in den Balkan verbreitet.
hier die stolze Diva:
die Feuerlilie (Lilium bulbiferum)



an der Basis der Perigonblätter verläuft je eine Nektarrinne,
in die der bestäubende Tagfalter den Rüssel einführt
und so zum Nektar gelangt.



unter den sonst stark duftenden Arten der Gattung Lilium 
ist die Feuerlilie die duflose Ausnahme.
Die einzige, die ihr in der Schweiz das Wasser reichen kann,
ist Lilium martagon, der Türkenbund.







der Wiesen-Bocksbart (Tragopogon pratensis)
ist auch fruchtend eine Schönheit



Dunkle Akelei (Aquilegia atrata)


die Gewöhnliche Klatschnelke (Silene vulgaris),
auch sie eine Schönheit vom Lande


Gewöhnlich ist auch die Kreuzblume
(Polygala vulgaris), der gemeine Pöbel eben.
die Kelch-Simsenlilie (Tofieldia calyculata)
tut nur so als sei sie eine Lilie



hier die Vetreter des Landadels. Sie sind stellenweise sehr zahlreich:
Mückenhandwurz (Gymnadenia conopsea)


das Kriechende Gipskraut (Gypsophila repens)
gehört zum niedern Landvolk wie auch....



der Purgier-Lein (Linum catharticum).





Nessel-Ehrenpreis (Vernonica urticifolia)



Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa)


Grosser Ehrenpreis (Veronica teucrium)
Nickendes Leimkraut (Silene nutans)


fast schon eine Chimäre:
Fuchs' Geflecktes Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii)


so verlaust kann nur ein Kind des Volkes sein:
das Läusekraut, pardon die Flockenblume
(Centaurea scabiosa)
trotz seines Duftes auch nur ein Angehöriger der Plebs:
der Echte Dost (Origanum vulgare)








Gymnadenien soweit das Auge reicht.








das Grünliche Breitkölbchen (Platanthera chlorantha)
hat einen nicht eben adligen deutschen Namen!




knospende Akeleien







Sonntag, 19. Juni 2016

Juraweiden

Beim Durchlesen historischer Berichte erscheint es immer wieder erstaunlich, wie heute sehr selten oder nur vereinzelt auftretende Blütenpflanzen früher viel häufiger waren. Gestützt auf Angaben bei Haller (1768) kann man z.B. feststellen, dass heute aus der Umgebung von Bern praktisch verschwundene Orchideenarten damals weit verbreitet vorkamen. So erwähnt er
  • Orchis militaris "Bernae etiam potissimum" (am ehesten in Bern) an der Gr. Schanze & unten am Sandrain
  • Orchis ustulata "Bernae etiam potissimum" 
  • Ophrys muscifera (Synonym: O. insectifera): Bern in der Enge 
  • Herminium monorchis bei Bern häufig auf der Gr. Schanze
  • Spiranthes aestivalis "prope Bernam abunde" (reichlich nahe Bern)
  • Ophrys fuciflora (Synonym: O. holosericea) "Bernae vulgatissima" (sehr verbreitet in Bern) in der Enge, Bodenacker...
Wer sich mit einheimischen Orchideen etwas auskennt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Der Arzt und Botaniker Albrecht von Haller (1708-1777) muss in seiner Heimatstadt Bern also in einem botanischen Eldorado gelebt und gewirkt haben....
Immerhin haben viele der ehemals weit verbreiteten Arten in höheren Lagen eine Zuflucht gefunden. So ist es schön, dass man auch heute noch einen Eindruck von Hallers Landschaften bekommen kann, z.B. im Jura bei Undervelier, wo man an bestimmten Stellen den Orchideen und anderen Schönheiten auf Schritt und Tritt begegnet.



ist weniger augenfällig als es
Nahaufnahmen mitunter vermuten lassen.
die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera).....





braucht kalkhaltige Böden.
die omnipräsente Spitzorchis
(Anacamptis pyramidalis) ....




der Natterkopf (Echium vulgare)



das Grünliche Breitkölbchen (Platanthera
chlorantha) kommt erstaunlicherweise
auch auf den Magerwiesen vor



Langspornige Handwurz (Gymnadenia conopsea)
beim Aufblühen

erstmals gesichtet: die Weisse Brunelle (Prunella laciniata)
im Vergleich  dazu die weit verbreitete
Kleine Brunelle (Prunella vulgaris)
Sie ist eine ursprünglich mediterrane Art
und wächst auf trockenen Magerwiesen.


Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys)

der Tauben-Storchschnabel (Geranium columbinum)
mit seinen fiederspaltigen Blattspreiten



die schon fast barocke Ueppigkeit 
des Blütenstandes von Anacamptis
die Lippe ihrer Einzelblüten ist deutlich dreigeteilt.






Knäuel-Glockenblume (Campanula glomerata)
das Sonnenröschen (Helianthemum nummularium)
hat als Zistrosengewächs
zerknittert wirkende Kronblätter






vivat, crescat, floreat!







noch nie fand der Blumenwanderer
Bienen-Ragwurze (oben) und Hummel-Ragwurze (rechts) 
zugleich blühend auf derselben Matte!
Ophrys holosericea